Das Früher V

Das Früher V

Wie ich meinen Verstand gehasst habe.
Mein Gedächtnis, der stärkste und schnellste Millisekundenkleber aller Zeiten, in dem die winzigsten Elemente jeglicher Konversation mit einem Menschen unauslöschbar haften. Ich werde mich hier jetzt nicht darüber auslassen, welche Elemente ich meine. Das mit der Tonlage, Wortwahl, Mimik, usw. sollte jedem hinlänglich bekannt sein.
Und dann kommen diese Elemente, Blitzspitzen gleich, in mein Bewusstsein geknallt und ich analysiere alle Anteile von allen möglichen Blickwinkeln aus. Selbst wenn ich diese Blickwinkel nicht verstehe, so kann ich sie dennoch aufsuchen. DAS ist ziemlich ätzend. Weshalb ich mich im Laufe der Zeit auf meine rein persönliche, viel zu tief gehende Überzeugung Akzeptanz&Ignoranz zurückgezogen habe. Auch diese beiden Begriffe könnte ich stundenlang mit Leben füllen. Uff.
Tatsächlich verrannte ich mich in diesem Dschungel aus Möglichkeiten. Ich konnte mir selbst kaum Ruhe geben, bis ich nicht alle möglichen Eventualitäten (EvenDualitäten ist auch ein hübsches Wort) fertig dachte.
Da der menschliche Irrsinn mindestens so unendlich ist wie die Zeit (doch man weiß es letztlich von beiden nicht wirklich sicher), blieb ich geistig immer wieder unbefriedigt ob meiner ein- und angenommenen Blickwinkel.
Eine Art nicht endender Denk-Burnout, da mir die durchaus unlogischen, sinnlosen Sicht- und Verhaltensweisen zusetzten und ich nicht aufhören konnte, weiter zu denken. Nicht, dass ich mich immer logisch und sinnvoll durchs Leben bewege, aber meistens kenne ich meine Gründe bereits oder aber lote sie in jenem Moment aus.
Für andere Menschen muss ich in Wahrscheinlichkeiten denken. Was ist höchst wahrscheinlich, was am wenigsten. Oft genug lag ich damit richtig. Gewiss genau so oft auch falsch.
Ich fing an, Wahrscheinlichkeiten mit einem Schuss nicht erklärbarer Irrsinnigkeit zu versetzen.
Erstaunlicherweise liege ich seither mit den Wahrscheinlichkeiten sehr viel öfter richtig. Menschen sind etwas erklärbarer für mich geworden. Oft noch nicht gut genug erklärbar.

Heute mag ich meinen Verstand mehr als noch vor zig Jahren. Heute lerne ich mehr und mehr, meinem Nachdenken Einhalt zu gebieten. Ist aber ein sturer Esel und macht nicht immer mit. Ich brauche eine Art Möhre, um die Richtung besser lenken zu können und vielleicht eine Form von Zwischenstation, um eine Rast machen zu können.

Früher (und heute immer wieder noch) dachte ich, wie angenehm es für Menschen sein muss, die ihr Leben und Denken zwischen RTL2 und Kneipe, heutzutage eher „soziale Medien“, positionieren.
Man sieht etwas im TV/Internet und später schimpft man am Tresen, resp. an der Tastatur, darüber. Man bekommt Zustimmung und, man verzeihe mir den Seitenhieb, man sieht sich selbst als „Querdenker“, der nicht als blindes Schaf der Masse folgt, ohne zu bemerken, dass man sich nur einer anderen Schafherde angeschlossen hat.

Und wo positioniere ich mich?
Bei mir. Auch wenn ich diesen Platz immer wieder suche. Es gibt verdammt viele Möglichkeiten und Pros und Kontras.

Genug jetzt, ich sollte meine Zwischenstation aufsuchen…

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